Keine 60 Tage ist Joe Biden im Amt, und schon schickt der neue US-Präsident seinen Außenminister zu einem Treffen mit der Volksrepublik China. Antony Blinken traf in Anchorage, der Hauptstadt des nördlichsten US-Bundesstaates, auf Yang Jiechi, Chef-Unterhändler für internationale Beziehungen in China. Statt Beteuerungen und Kooperation endete das Treffen mit gegenseitigen Anschuldigungen und chaotischen Szenen“,

meldete die Frankfurter Rundschau.

In der Tat, die Premiere, das erste Zusammentreffen zwischen dem neuen US-Außenministers Antony Blinken mit seinem chinesischen Kollegen, dem Spitzendiplomaten Yang Jiechi, in Anchorage in Alaska, sollte eigentlich zwischen Washington und Peking die Tore öffnen. Stattdessen wurden die Tore des guten Einvernehmens verrammelt.

Blinken droht China - China droht Blinken

Blinken warnte, dass die Handlungen Chinas die globale Stabilität bedrohen würden. Was der US-Chef-Diplomat nicht sagte: der Aufstieg der Volksrepublik gefährdet die globale Hegemonie der USA, denn die globale Stabilität wurde in den letzten Jahrzehnten nachhaltig durch die Politik der USA gefährdet, wie der gescheiterte „War on Terror“ beweist.

Das Verhältnis der Vereinigten Staaten mit China wird konkurrierend sein, wenn nötig, kooperativ, wenn möglich, und feindselig, wenn es sein muss“, sagte Blinken.

Peking reagierte robust und verbat sich jegliche Einmischung in innere Angelegenheiten. Der chinesische Außenminister führte aus

Es ist für unsere beiden Länder wichtig, dass wir unsere Angelegenheiten jeweils gut führen, anstatt die Schuld auf jemand anderen in der Welt abzuschieben.

Ferner konfrontierte der chinesische Außenminister seinen US-Amtskollegen mit einem Phänomen, welches nicht neu ist, aber um sich greift. Er kritisierte die Menschenrechtsverletzungen in den USA, was in früheren Zeiten undenkbar gewesen wäre, als der Westen ein Alleinvertretungsanspruch für Menschenrechtsfragen zu besitzen schien.

Es ist eine Tatsache, dass es mit Blick auf die Menschenrechte viele Probleme in den Vereinigten Staaten gibt“, führte er diesbezüglich aus und erwähnte die „Black Lives Matter“-Proteste des vergangenen Jahres gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Eine Ping-Pong-Diplomatie der besonderen Art

Blinken brachte daraufhin seine Besorgnis angesichts der Menschenrechtslage in der Metropole Hongkong und in der Provinz Xinjiang zum Ausdruck, wo die ethnische Minderheit der Uiguren ansässig ist.

Außerdem warf er China vor, für Cyberangriffe verantwortlich zu sein und US-Verbündete mit wirtschaftlichem Druck zu drangsalieren. Zusätzlich kritisierte er Pekings Haltung zu Taiwan, das die kommunistische Volksrepublik als Teil Chinas beansprucht. 

Dieser Schlagabtausch glich einer Art “Ping-Pong-Diplomatie“, obwohl dieser Begriff schon historisch besetzt ist und Verwendung fand, als Richard Nixon 1972 der Volksrepublik seine Aufwartung machte.

Damals war es im Interesse Washington und Pekings, nach jahrzehntelanger Eiszeit die Beziehungen zwischen der USA und China zu normalisieren, nachdem sich die Volksrepublik mit der Sowjetunion überworfen hatte und es 1969 sogar zu einem Grenzkrieg zwischen den beiden kommunistischen Giganten gekommen war.

USA - Angst vor dem eigenen Niedergang

Der Aufstieg der Volksrepublik China innerhalb der kommunistischen Welt begann, dem nach 1991 - dem Untergang der UdSSR - der Aufstieg zur Weltmacht folgen sollte. „Jede dieser Handlungen bedroht den auf Regeln basierenden Rahmen, der die globale Stabilität bewahrt. Deswegen sind das nicht nur innere Angelegenheiten“, kritisierte Blinken. „Die Alternative zu einer auf Regeln basierenden Ordnung ist eine Welt, in der die Macht Recht bekommt und alles an den Gewinner geht. Das wäre eine wesentlich gewaltsamere und instabilere Welt“, so Blinken.

Hier machte der US-Außenminister noch einmal deutlich, worum es ihm eigentlich geht - die Angst vor einer Supermacht China. Denn die Macht, die er hier benennt, die Recht bekommt, stellten bisher die USA dar.

Die Herrschaft über das Südchinesische Meer

An dem Treffen in der Hauptstadt Alaskas nahmen Blinken und Yang, der höchste Außenpolitiker der Kommunistischen Partei, sowie der im chinesischen Machtapparat untergeordnete Außenminister Wang Yi und Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan teil.

Washington hatte darauf bestanden, dass das Treffen auf amerikanischem Boden stattfindet. Die chinesische Nachrichtenagentur ließ verlautbaren, China sei zu einem strategischen Dialog eingeladen worden. In ihrer Eröffnungsrede habe die US-Seite China jedoch „unangemessen angegriffen“ und „Streitigkeiten provoziert“. Das zeuge weder von Gastfreundschaft noch entspreche es der diplomatischen Etikette.

Der größte Streitpunkt dürfte die Herrschaft über das Südchinesische Meer sein, welches von Peking als „Mare Nostrum“ angesehen wird. Um seinen Anspruch auf das Südchinesische Meer und seine Rohstoffe zu untermauern, hat Peking auf Riffen und Atollen Inseln aufgeschüttet.

Doch auch die Anrainerstaaten, Malaysia, Vietnam, Taiwan und die Philippinen, vertreten dort Gebietsansprüche, welche von den USA unterstützt werden. Peking betrachtet diese Inseln als „unveräußerlichen Teil“ des chinesischen Territoriums. „China werde nicht angreifen, außer wenn wir angegriffen werden“ lautet die Pekinger Verteidigungsdoktrin.

Pekings Blick auf Korea

Unmittelbar vor dem Treffen in Alaska hatte sich Blinken zusammen mit Verteidigungsminister Lloyd Austin während einer Asienreise mit den US-Verbündeten in Japan und Südkorea abgestimmt.

Blinken forderte China dabei auch auf, in den Bemühungen um eine atomare Abrüstung Nordkoreas seinen Einfluss auf das Nachbarland stärker auszuspielen. China habe „ein klares Eigeninteresse“, auf die Denuklearisierung Nordkoreas hinzuarbeiten, ließ Blinken zuvor in Seoul verlautbaren.

In Peking wird das wenig Eindruck schinden, denn dort ist man sich zwar des Regimes von Pjöngjang überdrüssig, lässt dieses aber noch ökonomisch überleben, weil das Diktum von Mao noch Gültigkeit besitzt, wonach China und Korea zusammengehören, wie Lippen und Zähne.

Übersetzt in die heutige Epoche heißt dieses, dass Peking nicht an einem Zusammenbruch Nordkoreas interessiert ist, da dann - im Falle einer Vereinigung mit Südkorea - US-Truppen in unmittelbarer Nähe der Grenze zur Volksrepublik stationiert werden könnten.  

"Was bedeutet das konkret für mich!?"

Der Konflikt zwischen den Großmächten wird sicherlich das Weltgeschehen der kommenden Jahre dominieren. 

Das Verhältnis zwischen Washington und Peking war unter Trump stark abgekühlt und auf das tiefste Niveau seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen. Biden führt diesen Kurs fort und nimmt seine Verbündeten zunehmend in die Mangel, ihm gleich zu tun. Dieses Vorhaben ist aber mit erheblichen Risiken verbunden, oder, um es mit den Worten des britischen Historikers Peter Frankopan auszudrücken:

Die Zeiten, da der Westen die Welt noch nach seinem eigenen Bild formen konnte, sind lange vorbei.“

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